Sechs Prinzipien der Überzeugungskunst

Das „Ja“ als Antwort zu hören, ist der Traum eines jeden, der einen Heiratsantrag macht oder Kunden für sich gewinnen will. Egal, in welcher Branche man tätig ist: Die Zustimmung der Kunden bzw. Geschäftspartner macht den Erfolg aus. Aber wie bekommt man die Zustimmung?

Zustimmung und Ablehnung sind selten in Granit gegossen

Fast immer lassen sich Zustimmung oder Ablehnung in das Gegenteil verwandeln – innerhalb gewisser Grenzen. So ist ein entschiedenes „Nein“ immer zu respektieren, besonders im zwischenmenschlichen Bereich. Nicht immer handelt es sich jedoch um kategorische Ablehnung. Speziell im Marketing oder bei der Kundengewinnung hat ein Mangel an Zustimmung häufig mehr mit dem falschen Zeitpunkt, einer falschen Herangehensweise oder anderen Faktoren zu tun, die gar nicht unbedingt mit dem jeweiligen Produkt oder der Dienstleistung verknüpft sind.

Timing ist also ebenso wichtig wie die Wahl der richtigen Zielgruppe und die berühmte Zielgruppenansprache. Das ist bei der Webseitengestaltung übrigens nicht anders. Damit jemand „Ja“ sagt, muss alles stimmen – und das ist letztlich immer eine Frage des Zeitpunkts. Ein einfaches Beispiel: Im April wird man nur wenige Weihnachtsbäume verkaufen können. Obwohl das geradezu lächerlich einleuchtend ist, machen viele Unternehmer genau diesen Fehler und versuchen ihre Dienstleistungen oder Produkte zur falschen Zeit an der falschen Stelle anzubieten.

Im direkten Kontakt mit den potenziellen Kunden und Geschäftspartnern kann man sich darüber hinaus an einige der sechs Prinzipien der Überzeugungskunst halten, die der Überzeugungskraft auf die Sprünge helfen. Man kann damit zwar keine Wunder vollbringen und etwa einen Veganer zum Kauf von Rindersteaks animieren, aber innerhalb der Toleranzgrenzen des Gegenübers gibt es viel Optimierungspotenzial. Umgekehrt heißt das jedoch auch, dass man viel falsch machen kann.

Gerade bei neugegründeten Unternehmen und Startups kann man beobachten, dass häufig sehr viel Energie auf die Gestaltung und Entwicklung der Produkte und Dienstleistungen gelegt wird, ohne sich Gedanken über die Art und Weise der Kundengewinnung zu machen.
Gerade bei neugegründeten Unternehmen und Startups kann man beobachten, dass häufig sehr viel Energie auf die Gestaltung und Entwicklung der Produkte und Dienstleistungen gelegt wird, ohne sich Gedanken über die Art und Weise der Kundengewinnung zu machen.(#01)

Kundengewinnung ist die größte Herausforderung für Startups

Gerade bei neugegründeten Unternehmen und Startups kann man beobachten, dass häufig sehr viel Energie auf die Gestaltung und Entwicklung der Produkte und Dienstleistungen gelegt wird, ohne sich Gedanken über die Art und Weise der Kundengewinnung zu machen. Oftmals wird sich auf die Zugkraft und Überzeugungskraft der Idee selbst verlassen. In manchen Fällen funktioniert das auch – man denke nur an die Crowdfunding-Beispiele, wo die Leute einer Idee freiwillig Geld hinterherwerfen und nicht abwarten können, zu den ersten Kunden zu gehören.

So läuft es aber nur im Ausnahmefall. Tatsächlich geben 54,7 Prozent der Gründer in einer Umfrage von 2018 an, dass sowohl Vertrieb als auch Kundengewinnung zu den größten Herausforderungen gehören. Es kann also nie schaden, sich die sechs Prinzipien der Überzeugungskunst zu eigen zu machen, die von Psychologen und Marketingexperten auf Basis der Empfehlungen von Professor Cialdini als zielführend anerkannt werden.

Cialdini lehrt an der Arizona State University und ist ein großer Verfechter der „Kraft der Überzeugungskunst“. Dabei basiert seine Forschung auf der Tatsche, dass ein großer Teil der Menschen nach ähnlichen Denkmustern vorgeht und Entscheidungen anhand dieser Muster getroffen werden.

Lernen wir einen Menschen neu kennen, dauert es nur wenige Sekunden, bis wir uns eine erste Meinung über ihn gebildet haben.
Lernen wir einen Menschen neu kennen, dauert es nur wenige Sekunden, bis wir uns eine erste Meinung über ihn gebildet haben. (#02)

1. Sympathie: Keine zweite Chance für den ersten Eindruck

Was beim ersten Date oder dem Vorstellungsgespräch für einen neuen Job gilt, lässt sich auch auf die Kundengewinnung, den Vertrieb und alle Bereiche des Marketing anwenden. Lernen wir einen Menschen neu kennen, dauert es nur wenige Sekunden, bis wir uns eine erste Meinung über ihn gebildet haben. Darauf basiert – ob wir das nun wollen oder nicht – der Grad an Sympathie, den wir diesem Menschen entgegenbringen. Im übertragenen Sinne lässt sich das natürlich auch auf Produkte, Dienstleistungen oder Webseiten anwenden: Wer schon beim ersten Eindruck keine gute Figur macht, hat kaum Chancen, das Gegenüber noch vom Gegenteil zu überzeugen.

Um Sympathie zu erzeugen, kann man jedoch einiges tun. Menschen, die eine ähnliche Körpersprache verwenden und unsere Gesten „spiegeln“, stufen wir schneller als vertrauenswürdig ein, weil sie „ähnlich ticken“. Aber Vorsicht! Das darf man nicht übertreiben, weil es sonst schnell so aussieht, als würde man den anderen nachäffen und sich über ihn lustig machen. Das gute Aussehen ist trotz aller Beteuerungen, dass innere Werte zählen, natürlich ebenfalls wichtig – denn die Optik ist meistens die erste Information, die wir von einem Menschen wahrnehmen (eventuell ist es auch die Stimme, etwa beim Telefonmarketing).

Je angenehmer wir das Äußere eines Menschen empfinden (und dabei gilt übrigens auch, dass Kleider Leute machen!), umso offener sind wir für ihr Anliegen. Deswegen gestalten wir auch unsere Webseiten möglichst attraktiv für den User und verpacken Produkte in hübsche Schachteln. Dabei darf man aber nicht übersehen, dass der Inhalt der Verpackung letztlich stimmen muss, denn der erste Eindruck ist eben auch nur der Türöffner zum Herzen der Anderen.

In der Praxis kann man bei der Webseitengestaltung zum Beispiel darauf achten, bei der Darstellung von Personen dem Aussehen der Zielgruppe zu entsprechen. So werben Firmen für Alterskosmetik nicht mit 20-jährigen Supermodels, wenn sie authentisch sein wollen.

Video: Reziprozität – was dahintersteckt und wie man sie erhält | Galileo | ProSieben

2. Gegenseitigkeit: Wie du mir, so ich dir!

Die Gegenseitigkeit oder auch Reziprozität bedeutet nichts anderes, als dass eine Hand die andere wäscht. Wer einem anderen einen Gefallen tut, kann die Erwiderung erwarten. Umgekehrt heißt das, dass Menschen, denen man einen Gefallen erwiesen hat, sich häufig revanchieren möchten und das Bedürfnis haben, einem etwas Gutes zu tun.

Beim Kundenkontakt heißt das für uns: Wenn wir nett und gefällig (im wahrsten Sinne des Wortes) sind, können wir ein gewisses Entgegenkommen erwarten. Im Unternehmensalltag bedeutet das für den Kundenkontakt, dass Werbegeschenke die positive Wahrnehmung beim potenziellen Kunden oder Geschäftspartner deutlich verbessern können. Man darf dabei aber ein sinnvolles Verhältnis nicht außer Acht lassen: Es macht keinen Sinn, sehr teure und hochwertige Werbeartikel zu verschenken, wenn man keine oder nur sehr geringe Umsätze durch eine erfolgreiche Conversion beim Kunden erwartet.

Umgekehrt kauft sicherlich niemand ein teures Auto, nur weil er einen billigen Kugelschreiber mit dem Firmenlogo geschenkt bekommt. Sinnvoll in das Kundenvertrauen zu investieren, macht sich insbesondere bei der späteren Kundenbindung bezahlt.

Umgekehrt sollte man seine Produkte und Dienstleistungen auf den typischen Normaluser ausrichten
Umgekehrt sollte man seine Produkte und Dienstleistungen auf den typischen Normaluser ausrichten(#03)

3. Soziale Orientierung: Der Kunde will kein Außenseiter sein

Wer sich für ein Produkt oder eine Dienstleistung entscheidet, möchte kein Außenseiter sein. Es gibt Menschen, die sich als Trendsetter verstehen und entgegen der allgemeinen Handlungsweisen agieren – doch das ist nur für die wenigsten Unternehmen eine relevante Zielgruppe. Kunden orientieren sich sehr oft an dem, was sich in der sozialen Interaktion mit anderen bewährt hat. Folgen viele Menschen einem Modetrend, ist es leichter, die künftigen Kunden davon zu überzeugen, es auch zu tun.

Umgekehrt sollte man seine Produkte und Dienstleistungen auf den typischen Normaluser ausrichten. Denn je unsicherer jemand bei der Entscheidungsfindung ist (etwa, weil ein Bestellvorgang auf der Webseite zu kompliziert wird), desto wahrscheinlicher springt er vor dem erfolgreichen Abschluss der Aktion ab. Konzipieren Sie Ihre Webseiten also nicht auf die Zielgruppe der Experten, die sich mit allem bestens auskennen, sondern richten Sie sich nach dem, was für die meisten Menschen als Komfort-Zone gilt.

Denn so individuell wir uns auch gerne geben, folgen wir bei vielen Entscheidungen dem Herdentrieb und untermauern dies durch die Beobachtung anderer Menschen und ihrer Handlungen. Bewertungen können insbesondere im Internet dazu führen, dass eine Kaufentscheidung von den Meinungen und Erfahrungen anderer Kunden beeinflusst wird. Auch der Umgang mit Kritik ist wichtig: Wie reagiert der Anbieter auf negative Kritik oder Fehler? Sehen potenzielle Neukunden, dass der Umgang professionell und authentisch ist, steigert es das Vertrauen ungemein.

Je teurer die Kaufentscheidung sich auswirkt, desto eher verlassen sich Menschen auf die „Führerschaft“ ihrer Influencer.
Je teurer die Kaufentscheidung sich auswirkt, desto eher verlassen sich Menschen auf die „Führerschaft“ ihrer Influencer.(#04)

4. Autorität: Be a Follower!

Der Begriff der Meinungsmache zeigt es: Viele Menschen tendieren dazu, der Meinung anderer zu folgen. In den sozialen Netzwerken ist der Begriff des Followers sogar besonders wichtig. Influencer (also: Beeinflusser) haben die meisten Follower, weil diese viel Wert auf die Meinung einer bestimmten Autorität legen, der sie (aus welchem Grund auch immer) vertrauen. Das kann eine eloquente Journalistin auf Twitter sein oder eine junge Modeexpertin auf Instagram. Wichtig ist, dass der Influencer zur Zielgruppe passt.

Je teurer die Kaufentscheidung sich auswirkt, desto eher verlassen sich Menschen auf die „Führerschaft“ ihrer Influencer. Das hat oftmals nicht viel mit einer rationalen Entscheidung zu tun – findet man den Influencer sympathisch, kann er häufig alles mögliche erfolgreich verkaufen, solange es irgendwie authentisch bleibt. Also sucht man sich am besten Influencer, die in der jeweiligen Branche oder Produktkategorie ein hohes Ansehen, eine bestimmte Expertise oder andere Formen der Autorität erworben haben.

Die künstliche Verknappung ist dabei ein wichtiger Faktor: Man möchte etwas Besonderes sein
Die künstliche Verknappung ist dabei ein wichtiger Faktor: Man möchte etwas Besonderes sein.(#05)

5. Verknappung: Entweder jetzt oder nie!

Warum tut Liebeskummer so weh? Weil es nur die eine Person gibt, der wir unser Herz schenken möchten und wenn es diese nicht sein kann, dann eben gar keine! Obwohl wir das in der Regel nicht wirklich lange durchhalten und uns irgendwann neu verlieben, lässt sich das auch auf das Marketing übertragen. Wenn wir für ein bestimmtes Produkt Feuer und Flamme sind, kann man uns mit noch so rationalen Argumenten nicht von einem Konkurrenten überzeugen. Oder haben Sie schon einmal versucht, einem Apple-Fan das neueste iPhone auszureden und ihm statt dessen ein Android-Smartphone zu verkaufen? Das funktioniert nicht.

Die künstliche Verknappung ist dabei ein wichtiger Faktor: Man möchte etwas Besonderes sein. So, wie die einzig Angebetete nur einem ihr Herz schenken wird, möchte man der Auserwählte sein, der das begehrte Produkt erwerben „darf“. Das ist natürlich Unfug, denn letztlich muss die Firma das Produkt so oder so verkaufen. Durch die künstliche Verknappung kann man nicht nur die Nachfrage deutlich erhöhen, sondern auch an der Preisschraube drehen. Denn wer verliebt ist, dem ist es fast egal, was es kostet.

Beispiele für künstliche Verknappung:

  • Limitierte Auflage!
  • nur noch wenige Stück lieferbar!
  • nur noch kurze Zeit verfügbar!
  • einmaliges Sonderangebot!
  • letzte Chance!

Video: 4. Commitments und Konsistenz – einfach erfolgreich

6. Erfolg verpflichtet: Bleiben Sie berechenbar für die Zielgruppe

Was von Psychologen als Commitment und Konsistenz bezeichnet wird, meint folgenden Sachverhalt: Wer sich einmal positioniert hat, möchte sich in der Regel nicht sofort wieder umentscheiden, weil man zu seinen Entscheidungen steht. Selbst wenn man feststellt, dass die neuen Turnschuhe doch nicht so bequem waren oder das neue Smartphone gar nicht so viel besser ist als das alte, werden wir gegenüber anderen in der Regel alles tun, um unsere Entscheidung zu verteidigen und zu rechtfertigen.

Man will schließlich nicht als Trottel dastehen, der zu viel Geld für ein falsches Produkt ausgegeben hat. Wer seine Kunden dazu bekommt, sich aktiv für das Produkt oder die Diensleistung zu engagieren, hat einen wichtigen Verbündeten gewonnen.

Dies lässt sich nutzen: Fordern Sie Kunden auf, Produkt- oder Seitenbewertungen abzugeben, die andere Menschen überzeugen helfen. Aber das ist keine Einbahnstraße: Der Verkäufer kann ebenfalls viel dazu beitragen, durch rhetorische Fragen (und vorgegebene Antworten) in Textform (z. B. in Blogs oder Produkttexten) einen direkten Bezug zum Leser – und somit zum potenziellen Kunden – zu schaffen.

Fazit: Überzeugung kann man lernen: Innerhalb gewisser Grenzen

Eins ist klar: Man kann keine Liebe erzeugen, wo nie welche sein wird. Durch noch so ausgefeilte Überzeugungstechniken lässt sich ein kategorisches „Nein“ nicht in ein „Ja“ verwandeln. Doch durch die Ausnutzung psychologischer Feinheiten und Situationen, die Anwendung der sechs Prinzipien der Überzeugungskunst  und ein kleiner Schubs in die richtige Richtung genügt um viel zu bewirken.

Dabei muss man sich sowohl an der Zielgruppe ausrichten als auch für die Unterstützung durch Kunden, Autoritäten und menschliche Eitelkeit sorgen: Denn niemand will mit seiner Entscheidung falsch liegen.


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